Nicht nur weil Gesetze eindeutig verlangen, dass Jagd einer ordnungsgemäßen Land- und Forstwirtschaft zu dienen hat, steht nicht die Vergütung, sondern die Verhinderung von Wildschäden im Vordergrund. Wenn Jäger das hinkriegen, sammeln sie Pluspunkte bei Verpächtern und in der Bevölkerung.

Klassische Wildschäden konzentrieren sich auf land-, forst- und fischereiwirtschaftliche Nutzungen. Bei einem weiter gefassten Begriff (ohne Ableitung von Erstattungsansprüchen) kann man allgemein auch von Schäden durch Wildtiere sprechen. Diese resultieren daraus, dass bestimmte Wildtiere vom Menschen beanspruchte Räume zurückerobern und Siedlungen und Verkehrswege immer weiter in den Lebensraum der Wildtiere eindringen – 94 ha täglich verbrauchte Fläche in Deutschland geben davon ein trauriges Zeugnis.

Vorbeugende Maßnahmen, die Konflikte erst gar nicht entstehen lassen, sind nicht nur kostengünstiger und volkswirtschaftlich "richtiger", sondern auch eine wirksame Öffentlichkeitsarbeit, um bei allen Bürgern Verständnis für die Lebensraumnotwendigkeiten des Wildes und die Bedeutung der Jagd zu wecken und zu vertiefen.

Eine Übersicht über die unzerschnittenen Räume und die Naturschutzgebiete macht die enge Verzahnung gerade in NRW deutlich (s. Abb. 2). Im Vordergrund steht der Ausgleich zwischen Natur und Mensch. Der Begriff Wildschaden ist stets aus der Sicht des wirtschaftenden Menschen formuliert und kennzeichnet gewissermaßen die Auswirkungen tierischen Verhaltens auf die Umwelt unter dem Gesichtspunkt wirtschaftlicher Schäden.

Wesentliche Ursachen für die Wechselbeziehungen zwischen Wildtieren und ihrer Umwelt (im Zweifel der erlebten Beeinträchtigung) ist das Verhalten. Kein Wild richtet "vorsätzlich" Schäden an. Schäden und Probleme durch Wildtiere weisen zuallererst auf gestörte Umweltbeziehungen hin. Wild ist somit nie alleinige oder hauptsächliche Ursache, sondern weist durch sein Verhalten auf Mängel im Lebensraum hin. Die wichtigsten Schadensgruppen lassen sich leichter verstehen, wenn wir sie dem zugehörigen Verhalten des Wildes zuordnen: In Hausgärten und Parkanlagen tritt die Funktion als Nahrung auffällig in Erscheinung, wenn bevorzugte Rosenblätter von Rehen beäst werden oder Sauen durch Bioturbation modellierend in die Rasengestaltung eingreifen.

Stoffabgabe kann im Ausmaß weit gravierender sein als die Aufnahme von Pflanzen – so entstehen erhebliche Probleme durch Verkotung von Tauben (v. a. an Gebäuden) und Gänsen (Badegewässer). Durch geschickte Gestaltung lassen sich Probleme im Gebäudebereich und an Verkehrswegen wesentlich entschärfen.

Siedlungen

Das Konfliktpotenzial wird wesentlich bestimmt durch die Struktur der Lebensräume, verschiedene Nutzungen und den Wildbestand. Bei geschickter Lebensraumgestaltung und angemessener Bejagung lassen sich viele Konflikte begrenzen. Voraussetzung dazu ist jedoch die Vermeidung grundlegender Fehler. So ist etwa der im Gesetz vorgesehene Schutz von Sonderkulturen gegen klassische Wildschäden auch in der Praxis erforderlich. Damit sind Grundstückseigentümer gut beraten, ihre Gärten auch einzuzäunen.

Gleiches gilt für öffentliche Grünflächen, die mit Lebensräumen eng verzahnt sind – aktuelles Beispiel sind immer wieder in teuren Sportstätten auftretende Schäden durch Schwarzwild. So wurden Sportanlagen der Universität Bonn wiederholt in Mitleidenschaft gezogen, in einem Fall drang ein Wildschwein gar bis in den Fitnessraum vor und vertrieb eher diskogewohnte Benutzer von dort … Wo Sportanlagen und Waldflächen eng verzahnt sind, geht es nicht ohne Zaun.

Im Rheintal findet sich häufig folgende Aufeinanderfolge: Fluss und Tal, Siedlungen und Verkehrswege, Weinberge im Oberhang, aufgelassene Weinberge und kleine Waldstückchen, Grünland und Felder auf der Hochfläche. Damit sind Weinberge für Sauen (auch Rotwild) gut erreichbar – und Konflikte vorprogrammiert.

Zunächst geht es darum, Konflikte durch geschickte Flächennutzung zu minimieren – vor allem auch zur Verminderung des Unfallrisikos im Straßenverkehr. Gerade in diesem Bereich liegt eine besondere Verantwortung öffentlicher Eigentümer, die sich in der Praxis (Regressansprüche werden meist gar nicht gestellt) der Brisanz mancher Maßnahmen überhaupt nicht bewusst sind.

Verkehrswege

Bezogen auf den Straßenverkehr sind als Probleme zu nennen:

  • naturnahe Gestaltung (Straßenumfeld),
  • Anbau fruchttragender Bäume,
  • Maßnahmen der Biotopgestaltung am Rand der Kommune, die über die Anlage von Lebensraumstrukturen das Unfallrisiko im Straßenverkehr deutlich erhöhen,
  • Unterlassung von Mähmaßnahmen im Straßennahbereich aus Kostengründen.

Besucherlenkung

Ein besonderes Problem stellen Verkehrsunfälle durch Waldbesucher dar. Es liegt im Interesse aller Beteiligten, bestehende Anleingebote für Hunde auch zu beachten. So ist die Häufung von Wildunfällen in ballungsnahen Räumen an Sonntagnachmittagen nahezu ausschließlich die Folge von Störeffekten durch querfeldein gehende Besucher und Hunde! Kritisch ist vor allem die Zeit reifer Kastanien und Pilze; dieses Problem kennen wir in der Forschungsstelle aus eigener Erfahrung.

Landwirtschaft und Abfall

Schäden in der Landwirtschaft werden provoziert durch eine Gemengelage von Schrottplätzen, Gewerbeflächen und Feldern: so bieten etwa gezäunte Areale Kaninchen ideale Rückzugsräume, von wo aus sie nachts in die Felder ausrücken.

Auch die Genehmigung von Sportanlagen in Waldgebieten führt zu absehbaren Konflikten – bei Altanlagen empfehlen sich schwarzwildsichere Zäune, bei sehr großen Anlagen (oft durchtrennt von Wegen) hat sich die Installation von Elektrozäunen mit entsprechenden Übergängen bewährt. Gerade bei regelmäßig gepflegten Golfplätzen lassen sich solche Anlagen auch unterhalten.

Füchse sind bei der Erschließung des menschlichen Umfeldes besonders lernfähig – konsequente Abfallentsorgung ist daher in der Praxis wichtig.

Gebäude

Steinmarder nutzen vielfach Gebäude als Wohnraum. Marderbeauftragte der Kreisjägerschaften im Landesjagdverband bieten in NRW Abhilfe im Einzelfall. Marderschäden an öffentlichen Gebäuden, wie Schulen oder Krankenhäusern, hängen eng mit der Bauausführung zusammen:

  • In der modernen Gebäudetechnik eingesetzte Wärmeschutz-Hohlraumsysteme dürfen keine Einschlupflöcher bieten.
  • Nötige Belüftungen müssen durch Metallgitter verschlossen sein.
  • Bei nachträglichen Renovierungen (etwa, wenn sich Marder in Hohlraumsystemen befinden) sollten Entweichmöglichkeiten durch nach außen öffnende Klappen verschlossen werden.
  • Für Fledermäuse und Vögel sind Maßnahmen zum Schutz angezeigt.
  • Fledermaus- und Vogelkästen lassen sich außen an Hauswänden anbringen oder sogar in Wände einsetzen.

Fahrzeuge

Schäden an Kraftfahrzeugen lassen sich zwar schon bei der Herstellung reduzieren, dies genügt aber nicht immer. Ein probates Hausmittel ist es, Zaungeflecht (etwa Kaninchendraht) genau zwischen die Vorderräder des Pkw zu legen. Unregelmäßige, nachgebende Drahtstrukturen sind dabei wirkungsvoller als ein perfekt gearbeitetes Gitter.

Besonders lernfähig sind Rabenvögel: Problematisch wird es, wenn sie etwa Kitt aus Fenstern hacken oder Straßen zum Nüsseknacken nutzen: So lernen Rabenkrähen sehr schnell, Walnüsse aus großer Höhe auf Straßen fallen zu lassen – und warten dann, bis diese von vorbeifahrenden Autos geknackt werden.

Winter

In der winterlichen Notzeit können Wildtiere ihre Nahrungssuche auf Siedlungsräume erweitern. In Siedlungsrandbereichen ist eine sachgerechte Winterfütterung im Revier dem Einwanderer in die Ortsrandlage vorzuziehen. Fachgerechte Tipps und Hilfen schaffen viel Sympathie für Wild und Jagd.

Ausblick

Konfliktminimierung und Problemlösungen profitieren in allen Fällen von einer guten Kenntnis der örtlichen Situation. Verständnis für Lebensraumansprüche des Wildes und die Bedeutung der Jagd in der Kulturlandschaft sind unverzichtbare Grundlagen. Das Engagement im Siedlungsraum geht weit über die eigentliche Jagdausübung hinaus, schafft aber viel Verständnis für Wild und Jagd und lohnt sich damit für alle.