Monitoring an den Gewässern im Nationalpark Bayerischer Wald

Nachdem in den 1970er Jahren der Fischotter in Bayern fast völlig verschwunden war, hat sich jetzt wieder eine stabile Population in den Südostbayerischen Grenzgebirgen etabliert. Eine Untersuchung im Nationalpark Bayerischer Wald zeigt, dass er dort an fast allen Fließgewässern wieder vorkommt.

Seit Gründung des Nationalparks im Jahre 1970 wird die Entwicklung des Fischotterbestandes in regelmäßigen Abständen im Rahmen gezielter Studien kontrolliert. Zufallsbeobachtungen von Mitarbeitern der Nationalparkverwaltung ergänzen die dabei erhobenen Daten. Im Rahmen des vorgestellten Projektes wurden im gesamten Nationalparkgebiet (ca. 240 km2) 13 Fließgewässer und zwei Triftklausen genau überprüft und aus den erhobenen Daten Rückschlüsse auf die Bestandsentwicklung gezogen. Darüber hinaus wurden 200 Losungen auf Nahrungsreste untersucht sowie das Geschlecht der Fischotter auf Basis von Hormonbestandteilen in den Sekreten bestimmt.

Nur Spuren verraten seine Anwesenheit

Da Sichtbeobachtungen der scheuen Tiere selten sind, ist man bei der Kartierung auf Spuren ihrer Anwesenheit wie Losung, Analsekret, Pfotenabdrücke und Scharrhügel angewiesen. Darüber hinaus wurden auch Fraßreste als Nachweise gewertet.

An den Fließgewässern wurde eine Uferseite durchgehend, an den stehenden Gewässern die gesamte Uferlinie überprüft. Parallel dazu wurde auch die Struktur der Gewässer und der Ufervegetation erfasst. Auf Basis dieser Daten konnten die Gewässer des Nationalparks unter Berücksichtigung von Anzahl und Alter der Losungen folgenden Kategorien zugeordnet werden (modifiziert nach Kranz 1995)

  1. Gewässer besiedelt
    (mehr als eine Losung pro 50 m Gewässerlänge oder mehrere frische und alte Losungen unter einer Brücke)
  2. Gewässer besucht
    (weniger als eine Losung pro 50 m Gewässerlänge oder mehrere gleich alte Losungen unter einer Brücke)
  3. Gewässer bekannt
    (nur eine Losung pro Strecke oder Brücke)
  4. Während der letzten 6 Monate nicht besiedelt
    (kein Losungsfund)

Bei einer Totalerhebung wurden so insgesamt 52 Nachweise des Otters an 12 Fließgewässern erbracht. Dominierend waren Nachweise in Form von Losungen und Analsekreten (n=33). Pfotenabdrücke konnten in 17 Fällen nachgewiesen werden. Fast 30 % der Nachweise wurden unter Brücken gefunden. Dies hängt vor allem damit zusammen, dass die Losung dort vor Witterungseinflüssen geschützt ist und so Monate überdauern kann.

Die meisten Flüsse im Nationalpark werden vom Fischotter besucht

Die Gewässer wurden auf verschiedenen Abschnitten allerdings unterschiedlich stark frequentiert. Die Untersuchung im Sommer brachte folgende Ergebnisse: Drei Fließgewässer waren vom Fischotter besiedelt, drei wurden besucht, vier Gewässer waren bekannt und drei nicht besucht.

Beim Monitoring im Winter spiegelte sich die erhöhte Wandertätigkeit seit den Herbstmonaten wider. Im Vergleich zum Sommer fällt weiterhin eine deutlich gesteigerte Markiertätigkeit auf.

Ebenfalls drei Gewässer wurden als besiedelt eingestuft. Die Anzahl der als besucht gewerteten Flüsse erhöhte sich dagegen von drei auf sieben.

Die Kartierung ergab somit eine nahezu flächendeckende Verbreitung des Fischotters im Nationalpark. Im Vergleich mit den Daten älterer Kartierungen (Hodl-Rohn 1978, Becker 1978) kann davon ausgegangen werden, dass der Fischotterbestand im Nationalpark seit den 70er Jahren, als nur noch Einzeltiere vorkamen, zugenommen hat und die Tiere auch Bachoberläufe bis zu einer Meereshöhe von über 1.000 m aufsuchen.

Männchen oder Weibchen?

Um weitere Informationen über die Tiere zu erhalten, wurden die Losungen mit der ELISA-Methode (Enzyme Linked Immunsorbent Assay) untersucht. Die Tiere lassen sich so über Hormonrückstände in den Sekreten den drei verschiedenen Klassen "Weibchen und juvenile Tiere", "Männchen" und "trächtige Weibchen" zuordnen.

Von den 231 Proben ließen sich 94,2 % eindeutig den drei Klassen zuordnen. Dabei wurden an jedem untersuchten Gewässer Losungen von nicht trächtigen Weibchen bzw. sub-adulten Tieren nachgewiesen. Männchen wurden an zehn, trächtige Weibchen an acht Fließgewässern gefunden. Obwohl mit diesem Verfahren keine Angaben über die Anzahl der Fischotter am jeweiligen Gewässer gemacht werden können, stellt es doch eine Möglichkeit dar, die Qualität der Daten herkömmlicher Kartierungen erheblich zu verbessern.

Gut versteckt vor Besuchern

Die Kartierung der Gewässerstruktur zeigt, dass die Breite der Ufervegetation einen starken Einfluss auf die Markiertätigkeit des Fischotters ausübt. Mit zunehmender Breite und Dichte der Vegetation markieren die Tiere vermehrt. Dies lässt sich damit erklären, dass die scheuen Otter sich bevorzugt an Gewässern mit Deckung aufhalten. Selbst an Gewässerabschnitten, an denen die Störungsintensität durch Nationalparkbesucher als hoch eingeschätzt wurde, wirkt sich dies nicht negativ auf das Markierungsverhalten aus, solange ausreichend Sichtschutz vorhanden ist.

Frische Fische frisst der Otter

Die Analyse der Losungen auf Nahrungsbestandteile ergab, das 91,5 % der untersuchten Proben Reste von Fischen und lediglich 8,5 % Reste von Amphibien bzw. Säugern enthielten. Damit lässt sich im Gegensatz zu Analysen aus den 70er Jahren (Hodl-Rohn 1978) eine Verschiebung im Nahrungsspektrum von Kleinsäugern zu Fischen feststellen. Dies korreliert mit neueren Daten, die eine Verbesserung des Fischbestandes nach Zahl und Durchschnittsgewicht auch in den Flussoberläufen des Nationalparks belegen (Beudert pers. Mitteilung).

Der Fischotter ist in Bayern, Österreich und Tschechien wieder daheim

Dieser positive Bestandestrend, der im Nationalparkgebiet festgestellt wurde, zeigt sich auch für dessen Umgebung: Das Fischottervorkommen erstreckt sich mittlerweile in einem geschlossenen, etwa 50 km breiten Band von der österreichisch-bayerischen Grenze entlang der Grenze zu Tschechien bis zur Further Senke und erreicht im Süden vermutlich die Donau.

Die Nachweise aus der Oberpfalz und Oberfranken dürften auf Einzeltiere zurückzuführen sein (Mau 2000). Die "bayerischen Tiere" bilden dabei nur einen Ausschnitt aus der Böhmerwaldpopulation, die sich weit nach Tschechien und Österreich hinein erstreckt. Neben dem totalen Schutz des Fischotters trugen vor allem die Reduktion von Umweltgiften (PCB-Problematik) sowie flankierende Artenschutzmaßnahmen (Artenhilfsprojekt Fischotter, Arbeitsgemeinschaft Fischotterschutz) zur Erholung der Bestände bei. Wichtig war in diesem Zusammenhang eine intensive Öffentlichkeitsarbeit mit einem Fokus auf den betroffenen Interessensgruppen der Fischer und Jäger. Darüber hinaus hat auch die fischottergerechte Gestaltung von Brücken zu einer Reduktion von Verkehrsopfern beigetragen.