Der Braunbär ist nicht nur eine Art des Anhanges der Fauna-Flora-Habitat- oder kurz FFH-Richtlinie, sondern sogar eine der ganz wenigen prioritären Arten. Diese EU-Richtlinie wurde 1992 unter anderem aus dem Grund geschaffen, dass der Schutz mancher Arten nur Staatenübergreifend möglich ist. Kaum eine Art ist besser geeignet, dies zu verdeutlichen als der Braunbär mit seinen großen Aktionsradien und seinem erheblichen Raumanspruch.

Lebensraum / Lebensweise

Der im Freiland bis 30 Jahre alt werdende Braunbär besiedelt vor allem Waldregionen, ursprünglich in allen Höhenlagen, und ohne strenge Bindung an einen bestimmten Waldtyp (Jakubiec 1993). Allerdings sind Laubwälder und Strauch- und Buschvegetation besser geeignete Habitate als Nadelwälder (Forstverwaltung Trentino in CIPRA 2006). Einen saisonal unterschiedlichen, insgesamt aber großen Anteil an der Nahrung dieses Allesfressers machen Beeren, andere Früchte und viele andere Pflanzenbestandteile wie Wurzeln oder Pilze aus. Auch Eicheln und Bucheckern werden in großem Umfang verzehrt. Pflanzliche Kost macht im Durchschnitt etwa 75 % der Nahrung aus (Kramer 2005). Daneben wird ca. 25 % tierische Kost in verschiedener Form und Größe (auch Aas) opportunistisch aufgenommen. Verschiedene Nahrungstiere, wie Insekten und speziell Bienen (Bienenbrut, Honig), oder aber in bestimmten Fällen Huftiere (besonders Schafe) können eine je nach Region, Jahreszeit und Individuum besondere Rolle bei der Ernährung spielen (Jakubiec 1993). Größere Beutetiere werden versteckt und markiert und über mehrere Tage wieder aufgesucht.

Der Braunbär lebt solitär. Die Revier- bzw. Streifgebietesgrößen schwanken im Jahreslauf und je nach Habitat und liegen in Europa zwischen 25 und 100 Quadratkilometern bis über 1.000 km2 in sehr kargen Regionen. Die Streifgebiete der Männchen sind dabei mit 130 bis 1.600 km2 wesentlich größer als jene der Weibchen mit in der Regel zwischen 60 und 230 km2 (Kramer 2006). Die Siedlungsdichte kann zwischen 0,05 und 20 Bären pro 100 Quadratkilometern liegen (Jakubiec 1993, WWF 2005). Die Ausbreitung erfolgt meist über männliche Jungbären. Zum Teil werden in einer Nacht mehr als 20 km zurückgelegt. Besonders aktiv sind Bären im Frühjahr und Spätsommer / Herbst. Das Winterhalbjahr wird in Winterruhe verbracht, im Gebirge oft in steileren Lagen, meist in Felshöhlen, in den Karpaten aber durchaus auch in Baumhöhlen oder Erdbauen (Jakubiec 1993).

Verbreitung / Bestandessituation in Bayern

Der Braunbär besiedelte ursprünglich in mehreren Rassen ein riesiges, holarktisches Areal, wurde aber in den letzten Jahrhunderten in Mittel-, West- und Südeuropa auf kleine Areale in spärlich besiedelten Waldregionen der Gebirge zurückgedrängt. Einen Überblick über die aktuelle Verbreitung im Alpenraum findet sich z.B. bei CIPRA (2006).

1835 wurde der letzte bayerische Bär in Ruhpolding erlegt (die Darstellung eines Triumphzuges der Bevölkerung mit dem erlegten Bären entspricht jedoch nicht der Realität). Ab 1972 wanderten Braunbären in Österreich aus dem ehemaligen Jugoslawien und später auch aus Italien ein, bzw. wurden ergänzend dazu im Rahmen eines Wiedereinbürgerungsprojektes auch aktiv ausgesetzt (Kramer 2006). Am 19. 05. 2006 wurde erstmals wieder ein Braunbär ("JJ1") in Bayern gesichtet. Sein Weg führte ihn zuvor von Italien aus ins westliche Österreich. Das junge Männchen aus der Brenta/Adamello-Region hielt sich in den anschließenden Wochen wechselnd in Tirol und Bayern auf. Es wird damit gerechnet, dass aus Österreich und Norditalien zukünftig weitere Bären Richtung Norden abwandern.

Gefährdungsursachen

Illegaler Abschuss (Thurn & Grande 1992) und menschliche Nachstellung stellt in ganz Europa den wichtigsten Gefährdungsfaktor dar. "Problembären" entstehen vor allem durch Synanthropismus, d.h. das Zusammenleben mit dem Menschen, auch erlernt durch das Muttertier. Fütterung von Bären oder die Anlockung durch Abfälle sind daher sehr problematisch.

Schutzstatus und Gefährdungseinstufung

Rote Liste: 0 (ausgestorben)

Prioritäre Art des Anhangs II der FFH-Richtlinie (besonders bedrohte Art)

Anhang IV-Art, d.h. die Tiere stehen unter besonderem Rechtsschutz der EU. Dies bedeutet, dass ihre "Lebensstätten" auch außerhalb von Schutzgebieten weder beschädigt noch zerstört werden dürfen und grundsätzlich strenge Vorgaben beachtet werden müssen.

Unterliegt nicht dem Jagdrecht.

Kartierung und Monitoring

Fährten, Risse, Losung, Sichtbeobachtungen, Telemetrie und GPS-Sender. Die hinterlassenen Schäden (z.B. an Bienenstöcken oder Rapsölkanistern, für die eine besondere Vorliebe besteht, WWF 2005) sind unverkennbar.

Schutzmaßnahmen

Österreich hat einen landesweit gültigen Managementplan für diese Art, in dem ein abgestuftes Vorgehen für verschiedene Konstellationen beschrieben wird. In dem Managementplan werden "Schadbären" und "Problembären" definiert. Bei Problembären wird je nach Gefährlichkeit für den Menschen zunächst versucht, sie zu "erziehen" oder zu vergrämen (nach Fang in Bären-Röhrenfallen und Anbringen von Sendern erfolgt ein Beschuss mit Gummigeschossen), ultima ratio bei anhaltender, nicht auszuschließender Gefährdung von Menschen ist der Abschuss. Bärenschäden werden in den meisten österreichischen Bundesländern durch Fonds der Jägerschaft abgegolten. Es gibt eine "Koordinierungsstelle für Bärenfragen" (KOST) und "Bärenanwälte", die bei Problemfällen und Schäden konsultiert werden können. In Problemfällen werden die Bärenanwälte von einer "Eingreiftruppe" (ET) unterstützt (WWF 2005).

In Bayern wurde im Sommer 2006 ein Bärenkoordinator vom Bayerischen Staatsministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen (StMUGV) eingesetzt. Auch hier liegt mitrlerweile ein Managementplan für den Braunbären vor.

Mehrlitzige Elektrozäune um Viehbestände, Ställe und Bienenstände und der Einsatz von Hirtenhunden können Schäden an Nutztieren verringern (WWF 2005). Bärensichere Verwahrung von Lebensmitteln, fressbaren Abfällen und Rapsölkanistern sind weitere Vorsorgemaßnahmen. In Bärengebieten sollte die Abfallentsorgung an die speziellen Erfordernisse angepasst werden, wie z.B. die Kampagne für ein "Bärensicheres Abfallmanagement" in der Schweiz (CIPRA 2006).

Die Bevölkerung und Touristen sollten über das richtige Verhalten beim zufälligen Zusammentreffen mit Bären aufgeklärt werden (vgl. Anonymus 1997), wie dies z.B. im Schweizer Nationalpark 2005 in Form einer Informationsbroschüre geschehen ist (CIPRA 2006).

Die aktive Vernetzung der isolierten Bärenpopulationen der Alpen kann durch das Ausweisen von Wanderkorridoren (wie in der Schweiz) und durch Grünbrücken und Viadukt-Streckenführung gefördert werden. Mit dem Voranschreiten solcher Maßnahmen und der Stabilisierung der Bestände in den bestehenden Populationen wird die natürliche Ausbreitung im Alpenraum weiter zunehmen.