Nager stellen mit 28 Familien und rund 2.050 Arten annähernd die Hälfte aller Säugetiere weltweit. Sie graben, tauchen, schwimmen, klettern, einige Arten gleiten sogar durch die Luft. So eroberten sie die unterschiedlichsten Biotope und erschlossen sich verschiedenste Nischen.

Was macht nun diese Gruppe so erfolgreich? Im wesentlichen ist es der Bauplan des Gebisses, das bei allen Nagetieren dem gleichen Prinzip folgt: je zwei Schneidezähne, deren äußeres durch Eiseneinlagerungen orange gefärbt ist und so besonders der Abnutzung trotzt. Danach folgt eine große Zahnlücke, das Diastema, worauf dann je nach Nahrung unterschiedlich gestaltete Vorbacken- und Backenzähne folgen. Am Schädel setzen enorme Muskelpakete an. Mit diesem Gebiss können die Tiere selbst härteste Materialien bearbeiten. So öffnen sie Nüsse, knacken Muscheln oder fällen Eichen. Drei dieser Nager bewohnen heute bei uns die Gewässer und ihre Säume: Biber, Nutria und Bisam.

Ein echter Europäer ist aber nur der Biber. Erst Menschen brachten Nutria und Bisam nach Europa. Die Castoriden (Biberartigen) entwickelten sich in der Erdneuzeit im Oligozän und breiteten sich über ganz Eurasien aus. Mit Bindung riesiger Wassermassen im Gletschereis sank der Meeresspiegel um bis zu 150 m. Dadurch entstand eine Landbrücke, die Beringstrasse, über die der Biber schließlich ganz Nordamerika eroberte.

Bisam und Biber im Vergleich

Der Bisam schaffte den Weg von Amerika nach Europa erst mit Hilfe des Menschen. In der Nähe von Prag setzte Graf Colloredo-Mannsfeld 1905 die ersten Bisams in böhmischen Teichgebieten ein. Als nordamerikanische Art an strenge Winter angepasst, konnte sich der Bisam ohne weitere menschliche Hilfe flächig verbreiten. Von Tschechien aus trat er seinen Siegeszug über Mittel- und Osteuropa an. Um 1915 tauchten die ersten Nachweise am Regen in Bayerischen Wald auf und nur 20 Jahre später hatte der Bisam die Rheinauen bei Breisach erreicht. Schon bald kamen Konflikte mit Landnutzern auf. Als Minierer in Dämmen und Teichanlagen sowie als Räuber von Muschelbänken wird der Bisam in Deutschland und Frankreich bis heute als Problemtier verfolgt. In anderen europäischen Ländern ignoriert man ihn oder schätzt ihn gar als wertvolles Pelztier, das sogar den Schutz des Jagdrechtes genießt. Doch auch bei uns hat mittlerweile der Elan der Bisambekämpfung nachgelassen, zumal sie mit erheblichen Kosten verbunden ist. Doch wie ist der Bisam konkurrenzökologisch einzuwerten? Er bewohnt in Nordamerika weitgehend die gleichen geographischen Regionen, ja den gleichen Lebensraumausschnitt wie der Biber. Immer wieder kommt es vor, dass Bisams sogar die äußeren Schichten der Biberburg bewohnen und gelegentlich im Bau geduldet werden. Während der Biber einen weiteren Uferstreifen von rund 20 m entlang des Gewässers nutzt, ist der Bisam viel enger an den Wasserbereich gebunden. Im Sommer, wenn Nahrung im Überfluss vorhanden ist, überlappen sich die Speisezettel der beiden mit einer Ausnahme: der Biber ernährt sich nur von Pflanzen, während der Bisam auch tierische Kost wie Krebse oder Insekten verzehrt.

Im Winter, der Zeit des Mangels, lebt der Biber als Rindenspezialist. Er ist der Einzige der drei Arten mit Wald- oder Baumbezug und einer völlig anderen Nahrungsnische. Geringwertige, raufaserreiche Nahrung stellt für viele Monate die Hauptenergiequelle dar. Im Sommer dagegen ist er ein wählerischer Generalist, der vor allem hochwertige, eiweißreiche Nahrung bevorzugt. Dies führt ihn mitunter in so manches Mais- oder Weizenfeld.

Der Weg des Nutria

Der Nutria, auch Sumpfbiber genannt, ist deutlich kleiner als der Biber, aber größer als der Bisam. Die Art stammt aus Südamerika. Dort ist sie vom südlichen Brasilien bis nach Feuerland verbreitet. In Europa wurde der Nager zunächst seines Pelzes, aber auch seines Fleisches wegen in Farmen gezüchtet. Um Fischteiche von allzu reichem Pflanzenwachstum zu befreien, setzte man die Art dann in der Camargue in Südfrankreich aus. Der Versuch erwies sich als äußerst erfolgreich, so dass in den 70er Jahren bereits rund 30.000 Tiere gezählt wurden. Andere Aussetzungen unter klimatisch ungünstigeren Bedingungen schlugen dagegen fehl, da die Tiere strenge Winter mit gefrorenen Wasserflächen nicht überlebten. In Deutschland nahm die Geschichte des Nutrias im Elsass ihren Ausgang. Doch anders als Biber und Bisam ist der Nutria bis heute nur inselartig verbreitet. So existieren in Bayern lediglich an den Ismaninger Speicherseen, an der Isarmündung in die Donau und isaraufwärts bis Dingolfing Ansiedlungen. Obwohl der Nutria den unteren Isarabschnitt bereits länger besiedelte, konnte sich der Biber inzwischen mit 18 Revieren etablieren, ohne dass die Nutriapopulation eingebrochen wäre. Dies deutet auf eine geringe Konkurrenz der beiden Arten hin. Bisams gegenüber ist der Nutria aggressiv und kann diesen verdrängen. Doch wie lebt eigentlich der Nutria? Anders als beim Biber liegen seine Erdröhren über dem Wasserspiegel. Seine Nahrung besteht ganz überwiegend aus Wasserpflanzen wie Schilf oder Glanzgras. Hier besteht eine gewisse Konkurrenz zum Bisam.

Das Fazit

Allein auf Grund der unterschiedliche Körpergröße überlappen sich die Nischen der drei Arten nicht. Die Uferbaue, die sie meist selbst graben, stellen ebenfalls keinen limitierenden Faktor dar. Lediglich die Nahrungsnischen greifen vor allem im Sommer, einer Zeit des Überflusses, ineinander. Die ökologische Nische der beiden neuen Nager war also scheinbar bei uns nicht besetzt.