Die Violette Holzbiene (Xylocopa violacea) ist eine holzbewohnende Bienenart mit mediterraner bis asiatischer Verbreitung. Ihre Vorkommen in Deutschland waren bisher auf warme Gebiete beschränkt. Seit dem Jahr 2000 scheint sich die Art kontinuierlich auszubreiten. Dem Verfasser gelangen 2006 die Nachweise der imposanten Wildbienenart in einem Obstgarten der Altstadt von Feuchtwangen und im Laubmischwald des Naturschutzgebietes "Gräfholz und Dachsberge" nördlich von Bad Windsheim. Da die Violette Holzbiene sogar größer als alle heimischen Hummelarten ist, verursacht ihr Auftreten bei Unkundigen Schrecken und führt, wie der nachfolgende Artikel zeigt, zu völlig überzogenen Reaktionen.

Keine Unbekannte, aber sehr selten

In einem Zeitraum von über 150 Jahren, von 1850 bis 2004, sind aus Bayern nur 75 Meldungen der Violetten Holzbiene dokumentiert. Verbreitungsschwerpunkte in Bayern waren die mainnahen Bereiche des Spessarts und der Fränkischen Platte. Isolierte Nachweise waren aus dem Gebiet um Rothenburg ob der Tauber, dem Großraum Nürnberg und von den Münchener Schotterplatten bekannt. Inzwischen wird die Art auch in Naturräumen beobachtet, aus denen bisher keinerlei Nachweise vorlagen. Dies trifft nicht nur für Bayern zu, sondern auch für andere Bundesländer. Im August 2006 rief eine äußerst panisch wirkende Bürgerin aus Feuchtwangen den Verfasser an. Sie bat um Hilfe, da in ihrem Obstgarten riesige, unbekannte Fluginsekten ihr Unwesen treiben würden. Eine vorangegangene Konsultation bei einem Kammerjäger hatte keinen Erfolg, in seinem Buch über Haus- und Vorratsschädlinge war das "UFO" nicht enthalten. Ein danach zu Rate gezogener Gärtner bestimmte die Objekte als "Großen Obstbaumspinner" – eine "Schmetterlingsart", die es gar nicht gibt (Anm. des Verfassers).

Was man nicht kennt ... ... das schlägt man tot!

Beim Lokaltermin in einem wunderschönen Altstadtgarten mit uraltem Obstbaumbestand wurde dann das Corpus delicti vorgezeigt: Ein alter Apfelbaum, zersägt in Meterstücke und in Plastiksäcken ausbruchssicher verstaut. Beim Auspacken fanden sich dann 12 tote und zwei noch lebende Exemplare der Violetten Holzbiene. Der Apfelbaum war vom Zottigen Schillerporling (Inonotus hispidulus) im Kernholz stark zersetzt. Hier hatten die Bienen lehrbuchmäßig ihr Brutsystem angelegt. Zutritt verschafften sie sich über einige Frostrisse an der Oberfläche. Der Baum hätte sicherlich noch einige Jahrzehnte gelebt, Äpfel getragen und den Holzbienen als Wohnung dienen können. Die Gartenbesitzerin gab an, dass die Tiere erstmals im Mai 2006 aufgetaucht seien und den Apfelbaum an der südexponierten, warmen Scheunenwand bezogen hätten. Da sie sich von ihnen bedroht gefühlt hätte, betrat sie den Garten nur noch "bewaffnet" mit einem Federballschläger. Ultima ratio war das nächtliche Fällen des Apfelbaumes. Großes Misstrauen und gleichzeitig Erstaunen rief der Wunsch hervor, die beiden noch lebenden Exemplare mitzunehmen, um sie im eigenen Garten freizulassen. Auch das Entnehmen der Tiere aus den Plastiksäcken, mit bloßen Händen, konnten die Angst vor den Wildbienen nicht mindern. Nicht rational verlief auch das Gespräch, als gefragt wurde, ob die Bienen jemals aggressiv gewesen seien oder jemanden gestochen hätten. Nichts dergleichen war passiert, aber allein ihre Anwesenheit empfand die Frau als unerträgliche Bedrohung.

Nachweis auch im Wald

Die Literatur nennt als Lebensraum der Art für Mitteleuropa Obstgärten, Gärten, Parkanlagen, Waldsäume, also lichte, sonnenexponierte Habitate. Um so überraschender war es, die Art im August 2006 auch im "tiefen" Wald des Naturschutzgebietes Gräfholz und Dachsberge nördlich Bad Windsheim anzutreffen. Der Fundort lag zwar in der Tiefe der Waldfläche, allerdings auf einer nach Sturmwurf aufgelichteten, blütenreichen Innensaumfläche. Im Zuge einer fortschreitenden Klimaerwärmung wird sich die Violette Holzbiene weiter ausbreiten und auf Grund ihrer Vorliebe für offene Habitate auch häufiger Kontakt zu Menschen bekommen. Ob es allerdings immer gelingt, die Harmlosigkeit dieser Art zu vermitteln, ist angesichts bisheriger Erfahrungen leider zweifelhaft.

Steckbrief

  • Wissenschaftlicher Name:
    • Xylocopa  violacea (L., 1758)
    • gr. Xylocopa = die Holz schneidende;
    • lat. violaceum = violett
  • Familie:
    • Bienen (Apidae)
  • Beschreibung:
    • Körper hummelähnlich, aber mit bis 2,5 cm größer als alle heimischen Hummelarten, schwarz behaart, Flügel mit metallisch blau-violettem Glanz
  • Aktivität:
    • Flugzeit von April bis Oktober
  • Verhalten:
    • Können stechen, sind aber nicht stechlustig
  • Lebensraum:
    • Sonnenexponierte, blüten- und totholzreiche Streuobstgärten, Gärten, Parkanlagen, Waldsäume, lichte Wälder
  • Nistweise:
    • Nistet in selbst genagten Gängen in bereits anbrüchigem Holz (Äste, Stämme, Pfähle, Balken)
  • Nahrung:
    • Larven ernähren sich in Brutkammern von eingetragenem Pollenkuchen
  • Wirtschaftliche Bedeutung:
    • Keine; die Larven ernähren sich nicht von Holz. Die Weibchen nagen nur einen Nistgang zur Anlage der Brutkammern in bereits anbrüchige Holzsubstanz
  • Gefährdung:
    • RL Bayern 2021 "ungefährdet"

Update 2023

Seit der Artikel im Jahr 2007 erschien hat sich die Violette Holzbiene weiter verbreitet und wird mittlerweile häufig gesichtet. Die neue Rote Liste Bayern 2021 stuft sie von 3 "gefährdet" (2003) auf *= "ungefährdet" ein; ebenso stuft die Rote Liste Deutschland 2011 die Art *= "ungefährdet" ein.

Meldungen an uns sind daher nicht mehr notwendig. Wir wünschen viel Freude bei der Beobachtung der imposanten Tiere.