Die Konzeption dieses Programmes wurde von Anfang an mit den Waldeigentümern, Vertretern des Bundesforschungs- und Ausbildungszentrums für Wald, Naturgefahren und Landschaft (BFW), des Bundesministeriums für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus (BMLRT) und der Behörden auf Landesebene gemeinsam erarbeitet. Die damals formulierten Grundsätze der partnerschaftlichen Bewirtschaftung der Naturwaldreservate werden bis jetzt konsequent beibehalten:

  • ein Vertragsmodell, das auf freiwilliger Beteiligung beruht
  • eine auf Langfristigkeit ausgelegte Konzeption
  • Ausstiegsmöglichkeiten unter bestimmten Bedingungen
  • jährliches Entgelt als Alternative zur normalen forstlichen Bewirtschaftung
  • entgeltliche Einbeziehung der Eigentümer in die Betreuung und Kontrolle der Flächen.

Mit der Auswahl und wissenschaftlichen Betreuung der NWR wurde das BFW betraut, die administrativ-rechtliche Abwicklung erfolgt durch das BMLFUW. Das BFW-Team versucht, den direkten Kontakt zu den Beteiligten zu halten. Denn das Projekt steht und fällt mit der Einbeziehung aller an Ort und Stelle Befassten, sei es nun der kleine bäuerliche Waldbesitzer, der Forstmeister und der Revierleiter eines Forstbetriebes.

Definition Naturwaldreservate
Naturwaldreservate (NWR) sind Waldflächen, die für die natürliche Entwicklung des Ökosystems Wald bestimmt sind und in denen jede unmittelbare Beeinflussung unterbleibt. NWR sind ein Beitrag zur Erhaltung und natürlichen Entwicklung der biologischen Diversität. Sie dienen der Forschung, Lehre und Bildung. NWR sollen die Baumartenzusammensetzung und Bestandesstruktur der natürlichen Vegetationsverhältnisse möglichst gut repräsentieren oder diese Voraussetzungen in absehbarer Zeit erreichen. Vorrangiges Ziel ist nicht die Konservierung des derzeitigen Zustandes bestimmter Waldteile, sondern die Zulassung ihrer natürlichen Entwicklung. Auch wenn solche Waldflächen früher intensiv genutzt wurden, nähern sie sich mit zunehmender Dauer der Nichtbewirtschaftung auch in ihrer Entwicklungsdynamik wieder dem ursprünglichen Urwald. Unmittelbare Beeinflussungen, die unterbleiben müssen, sind die forstwirtschaftliche Nutzung, Totholzaufarbeitung und die künstliche Einbringung von Waldbäumen, nicht aber die Wildbewirtschaftung und Jagd.

Das Vertragsmodell

Das NWR-Programm ist als Vertragsnaturschutz-Modell konzipiert und beruht auf langfristigen zivilrechtlichen Verträgen des Bundes mit den Eigentümern der jeweiligen Waldflächen. Die Kontinuität des Schutzstatus ist durch die vertragliche Option des Bundes auf Weiterverlängerung des Vertrages nach 20 Jahren gewährleistet. Der ganz entscheidende Unterschied zu verordneten Schutzgebieten ist: Der Waldeigentümer nimmt freiwillig am NWR-Prgramm teil; es bleiben Grund und Boden sowie der Waldbestand in seinem Eigentum.

Erfassung aller Waldgesellschaften

Der Ansatz des NWR-Programmes war von Anfang an ein pragmatischer. Es wurde nicht von wissenschaftlich kaum begründbaren Flächenforderungen ausgegangen, sondern ein repräsentatives Netz angestrebt. Das wichtigste Kriterium für die Auswahl von Flächen ist die Repräsentativität in Abhängigkeit vom Areal der potenziellen natürlichen Waldgesellschaften in den einzelnen Wuchsgebieten. In Österreich kommen 118 Waldgesellschaften in 22 Wuchsgebieten vor (Übersicht sh. Forstliche Wuchsgebiete).

Jede in einem der 22 Wuchsgebiete vorkommende Waldgesellschaft soll in diesem Wuchsgebiet durch mindestens ein Reservat erfasst werden. Da die weitverbreiteten, zonalen Waldgesellschaften meist in mehreren Wuchsgebieten vorkommen, werden diese dabei auch durch mehrere NWR repräsentiert. Waldgesellschaften, die nur in bestimmten Naturräumen vorkommen, werden im Netz seltener vertreten sein. Dieser konsequent durchgezogene systematische Ansatz findet, neben dem Prinzip der freiwilligen Beteiligung gegen Entgelt, auch internationale Beachtung.

Zusammenarbeit mit Behörden

Etwa 850 Anträge wurden bisher an Ort und Stelle geprüft. Vor allem in den Jahren 1997 und 1998 wurde von den Landesforstdiensten entscheidende Hilfestellung geleistet, indem im Rahmen einer Vorprüfung offensichtlich ungeeignete Flächen ausgeschieden wurden. Dabei konnte auf einen vom BFW ausgearbeiteten Kriterienkatalog zurückgegriffen werden. Bis heute fungieren die Dienststellen vor Ort als wichtigste Partner des BFW sowohl hinsichtlich der Betreuung der NWR als auch der Beratung und Vermittlung interessierter Waldeigentümer.

Weitverbreitete Waldgesellschaften gut repräsentiert

Der weitaus größte Teil der NWR liegt in verschiedenen Ausbildungen des Fichten-Tannen-Buchen-Waldes. Dieser Reservatstyp entspricht in der Regel dem Bergmischwald der Nördlichen und Südlichen Kalkalpen, häufig mit Schutzwaldcharakter. Auch die subalpinen Fichtenwälder und Kiefern-Dauergesellschaften sowie die thermophilen Buchenwälder sind stark vertreten. Es gibt daher deutliche "Klumpungen" in bestimmten Gebieten, z.B. in den Karawanken und Karnischen Alpen oder entlang der Thermenlinie. Das hängt auch damit zusammen, dass diese Naturräume durch eine überdurchschnittliche Naturnähe ihrer Waldflächen charakterisiert sind.

Fehlgebiete, unterrepräsentierte und fehlende Waldgesellschaften

Fehlgebiete trotz hoher Waldausstattung sind vor allem die potenziell vom Fichten-Tannenwald dominierten zwischenalpinen Wuchsgebiete 2.1, 2.2, 3.1, 3.2 sowie das Weststeirische Bergland.

In Wuchsgebieten mit geringer und/oder stark fragmentierter Waldausstattung wie dem Nördlichen Alpenvorland, dem Subillyrischen Hügel- und Terrassenland und dem Klagenfurter Becken konnten bisher die darin vorkommenden Waldgesellschaften nur unzureichend abgedeckt werden. Dies überwiegend deshalb, weil in den ausgeprägten Kulturlandschaften wirklich geeignete Bestände einfach nicht in ausreichender Größe und Qualität verfügbar sind.

Bestimmte Waldgesellschaften sind derzeit überhaupt noch nicht im NWR-Netz repräsentiert. Es handelt sich überwiegend um seltene oder nur kleinflächig auftretende Spezialeinheiten, wie seltene Ausbildungen von Trockenwäldern aber auch bestimmte Auwälder und Schluchtwälder.

Es hat sich gezeigt, dass für die bisher unterrepräsentierten Waldgesellschaften ein differenzierter Ansatz der Flächenbeschaffung, nämlich die aktive Suche nach bestimmten geeigneten Flächen, notwendig sein wird.