Es liegt weit außerhalb unseres Bereiches, Internetprodukte wie Google Earth oder Open Streetmap nachhaltig zu beeinflussen. Eine Antwort auf diese für Jedermann zugängliche Information ist ein Alternativprodukt, welches versucht, die Bedürfnisse aller Betroffenen zu berücksichtigen. Eine Kooperation zwischen TU Wien und BFW hat dafür zunächst technische Lösungen entwickelt.

Da in naher Zukunft für das gesamte Bundesgebiet ALS-(Airborne Laserscanning)-Daten vorliegen werden, hat die Forschungsgruppe Photogrammetrie am Department für Geodäsie und Geoinformation der Technischen Universität Wien Möglichkeiten zur weitgehend automatisierten Erfassung von Forststraßen untersucht. Dabei sollen neben den Straßenachsen auch die Längsneigungen, die Straßenbreiten und die Kurvenradien abgeleitet werden können. Die entwickelten Softwaretools wurden dem Bundesforschungszentrum für Wald (BFW) zur Verfügung gestellt und stehen somit für den großflächigen Einsatz bereit.

Die Leistungen des menschlichen Hirns lassen sich nicht ohne weiteres durch den Computer ersetzen. Die erste Herausforderung war daher die Optimierung des Zusammenwirkens von Mensch und Maschine. Als beste Lösung hat sich herausgestellt, dass nach einer Vorprozessierung der Eingangsdaten eine auswertende Person den Anfang und das Ende der Forststraßen vorgibt. Der Rechner kann dann viel schneller als der Mensch die Straßenachse zeichnen und baut dabei Schritt für Schritt ein topologisch korrektes Straßennetz auf.

Als Ergebnis ist ein homogener Geodatensatz zu erwarten, der neben der exakten Verortung auch die Geometrie der Forststraßen beschreibt. Damit werden die Voraussetzungen geschaffen, aus Fernerkundungsdaten bundesweit standardisierte Informationen über die Erschließung der österreichischen Wälder zu erhalten (Mehr zur Laserscanner-Technologie).

Ausgangsdaten für die Forststraßenerfassung

Da ALS-Befliegungen in Österreich in erster Linie von den Bundesländern koordiniert und beauftragt werden, baut der bundesweite ALS-Datensatz auf Sensoren mit unterschiedlichen Aufnahmeparametern auf. Für alle Bundesländer steht jedoch das digitale Geländemodell (DGM) mit einer räumlichen Auflösung von 1 x 1 m zur Verfügung, das als Basis für die Auswertungen herangezogen wird. Zusätzlich zu den ALS-Daten wurde die Einbindung von Orthophotos analysiert und umgesetzt.

Geometrie der Forststraßen

Da ALS-Daten in der Regel sowohl den Waldboden als auch die Kronenoberfläche beschreiben, kann mit ihnen die Geometrie von Forststraßen ausgezeichnet abgeleitet werden. Eine bereits in der Vergangenheit vielfach eingesetzte Digitalisierungsgrundlage stellt dabei das Beleuchtungsbild des Geländemodells dar. Die gute Erkennbarkeit von Straßen spiegelt sich anhand der aus dem Geländemodell abgeleiteten Neigungskarte (Abbildung 2b) wider, wobei Straßen meist durch eine geringere Neigung im Bezug auf deren unmittelbare Umgebung charakterisiert sind.

Abbildung 2: Die Geometrie der Forststraßen: a) Straßenbreite und b) Längsneigung

Im Gegensatz dazu haben Straßenflächen in Orthophotos (Abbildung 2a) meist eine hohe Reflektivität und können daher speziell im flachen Gelände für die Straßendetektion wertvolle Zusatzinformationen liefern.

Da beide Datensätze im Rasterformat vorliegen, kann für die Berechnungen auf eine Vielzahl von Bildbearbeitungsmethoden zurückgegriffen werden. So wird beispielsweise die Neigungskarte in unterschiedliche Wertebereiche klassifiziert (0%-15%, 0%-25%, 0%-30%), um potenzielle Straßenflächen zu identifizieren.

Speziell im steilen Gelände können Straßenflächen damit bereits gut klassifiziert werden. Hingegen sind die Ergebnisse für Bereiche mit geringer Neigung mit diesem Ansatz alleine nicht zufriedenstellend ausweisbar. Daher kann speziell für ein derartiges Gelände optional das Orthophoto für die Klassifizierung von Straßenflächen herangezogen werden.

Um nun die Achse einer Straßenfläche zu finden, werden zunächst potenzielle Straßenflächen ermittelt. Für die weitere Verarbeitung werden die einzelnen Basiskarten unterschiedlich gewichtet und zu einem sogenannten "gewichteten Graphen" addiert. Dieser stellt schlussendlich die Basis für das semi-automatische Erkennen der Straßenachsen dar, wobei der Straßenverlauf durch Finden des kürzesten Pfades zwischen zwei vom Bearbeiter vorgegebenen Punkten festgelegt wird. Dabei kann der kürzeste Pfad nur innerhalb des gewichteten Graphen verlaufen.

Nach der Modellierung der Straßenachsen erfolgt die Berechnung der geometrischen Attribute Fahrbahnbreite, Längsneigung und Kurvenradien für die Straßenachse als auch für die Fahrbahnränder. Diese Attribute werden vollautomatisch zunächst für Profile bestimmt und anschließend für Straßenabschnitte gemittelt.

Software

Da für eine bundesweite Anwendung der Applikation die Bearbeitungszeit eine essentielle Rolle spielt, wurden rechenintensive Prozesse in eine voll automatisierte Vorprozessierung zusammengefasst. Hierfür kommen Softwaretools, die in der Forschungsgruppe Photogrammetrie im Laufe der letzten Jahre entwickelt wurden (z.B. OPALS), als auch die Open Source GIS Software QuantumGIS und die Programmierumgebung Python zur Anwendung.

Ausblick (aktualisiert Juni 2016)

Zuerst wurde die Erfassung der Forststraßen operationell am Institut für Waldinventur des BFW durchgeführt. Es wurden zunächst fünf Bundesländer (Wien, Burgenland, Nieder- und Oberösterreich, Tirol) bearbeitet. Tirol ist für eine Evaluierung des Systems vorgesehen, da hier bereits ein Datensatz vorhanden ist, der mit dem neu digitalisierten verglichen werden soll, um ein optimales Ergebnis erzielen zu können.

Seitens der Bundesländer ist geplant, die Daten in die sogenannte Graphenintegrationsplattform (GIP) einzufügen. Diese bundeseinheitliche Datenbank für die Verkehrsinfrastruktur soll ein einheitliches räumliches Referenzsystem für alle Verkehrsnetze in Österreich liefern. Unter den Betreibern finden sich alle Ämter der Landesregierungen (außer Vorarlberg) sowie das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie.

Bundesländer, die vom Projekt des BFW nicht erfasst werden, haben digitale Forststraßenlayer, die zum Teil auf Basis einer Luftbildauswertung entstanden sind (Kärnten) oder die wie in der Steiermark im Rahmen eines Forschungsprojektes gemeinsam mit dem Joanneum Research erarbeitet wurden.

All diesen Initiativen ist gemeinsam, dass sie die Notwendigkeit erkannt haben, die Forststraßenlayer so zu gestalten, dass sie als Subnetz in die GIP integriert werden können. In der GIP ist es möglich, Regeln für die Datenweitergabe festzulegen. Damit stellt sich die Frage, wie man diesen kostbaren Datenbestand nutzbringend für die Forstwirtschaft verwendet. Prinzipiell eröffnet sich eine Reihe von Möglichkeiten:

  • Basis für automationsunterstützte Navigation der Holz LKW und damit Optimierungsmöglichkeiten für die Holzlogistik
  • Basis für Optimierung des Wegeneubaus bzw. –umbaus
  • Ersatz für Weginventur im Rahmen der Waldinventur


Ein Dialog mit der Praxis in welche Richtung das digitale forstliche Wegenetz weiterentwickelt werden sollte, wäre auf jeden Fall wünschenswert.

Kontakt

  • DI Dr. Markus Hollaus, DI Lothar Eysn, DI Andreas Grafl, Technische Universität Wien, Department für Geodäsie und Geoinformation, Forschungsgruppe Photogrammetrie; Gußhausstr. 27-29, 1040 Wien; Markus.Hollaus@geo.tuwien.ac.at
  • DI Dr. Klemens Schadauer und DI Christoph Bauerhansl, Institut für Waldinventur, Bundesforschungs- und Ausbildungszentrum für Wald, Naturgefahren und Landschaft; Seckendorff-Gudent-Weg 8, 1131 Wien; Klemens.Schadauer@bfw.gv.at